Streckenbesichtigung Düsseldorf Marathon |
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Treffpunkt: Schlossturm am BurgplatzLiebe Sportfreunde!
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Düsseldorf, le petit Paris!
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Vor uns die Kaiserstraße, dort wo der Autoverkehr in die Innenstadt hinein- und hinausrauscht. Wir befinden uns auf den Spuren von Napoleon, der über die nach ihm benannte Kaiserstraße 1811 nach Düsseldorf eingezogen ist, um Soldaten für seinen Russlandfeldzug zu rekrutieren. Angeblich soll hier der berühmte Ausspruch gefallen sein:
In Wirklichkeit handelt es sich um eine Legende, denn das Zitat stammt aus einem Brief, den ein Staatssekretär Napoleons geschrieben hat und gemeint waren Chaos und Schlamperei ... wie in Paris.
Doch die Düsseldorfer beherrschen schon damals die Kunst der schönen Worte und haben sich die Geschichte halt in ihrem Sinne zurechtgebogen. Heute würde man Marketing dazu sagen.
Der Hofgarten wurde 1769 als erster deutscher Volksgarten errichtet.
Es handelt sich um einen Park, der offen war für die Bürger dieser
Stadt. Das war damals etwas unerhört revolutionäres, denn Hofgärten
dienten in der Zeit des Absolutismus in aller Regel zur Exklusiv-Erlustigung
des Adels und seiner Hofschranzen.
Der Stil ist nicht mehr wie im Barock durch französische Einflüsse geprägt, d.h. durch die exakt geometrische Ausrichtung der Anlagen, wodurch symbolisch die Unterwerfung der Natur durch den mit absoluter Macht regierenden Herrscher aufgezeigt werden soll. Mitte des 18. Jahrhunderts setzt von England kommend eine Gegenbewegung ein. Danach soll die Natur nicht mehr zurechtgestutzt und unterjocht, sondern in einem natürlichen Zustand belassen und ästhetisch verfeinert werden. Zu den Stilmitteln gehören wellenförmige Geländeverläufe, ein bizarres System von Wasserläufen und ein verschlungenes Wegenetz, dass eine große Ausdehnung vorgaukeln soll. |
An der nächsten Kreuzung Kaiser-/Jägerhofstraße stoßen wir wieder auf die Marathonstrecke, der wir bis zum Schloss Jägerhof folgen.
4. Station: Schloss Jägerhof
Früher der Amtssitz des bergischen Oberjägermeisters und Nobelabsteige für Franzosenkaiser, heute ein NRW-Kunstmuseum. Die Marathonis legen hier eine Schleife ein von ca 11 km ostwärts.
Wir Routenprüfer bleiben im Hofgarten, machen eine Wende von 180 Grad und gleichzeitig einen gewaltigen Zeitsprung nach vorn: "Rücke vor bis zur Kunstakademie!"
Dabei überspringen wir die Südschleife (5 km), die uns durch Unterbilk führen würde:
Vortunnel Gladbacher Straße Jetzt geradeaus bis zum Multiplex-Kino UCI, um dort rechts in die Hammer Straße einzubiegen. Links die schöne, neue Welt des Medienhafens; ein Tummelplatz modernistischer Vorzeigearchitektur, rechts gemütliche Biergärten und Szenekneipen, die eher zum innehalten animieren, als zum nach vorne hasten.
Medienhafen / Gehry-Bauten
Dann kam die Abrissbirne und der neue Zollhof, ein Kunst- und Mediencenter, wirkt wie eine kubistische Skulptur. Vielleicht wird sich mancher irritiert die Augen reiben und sich die Frage stellen: „Wohin laufen wir eigentlich ?“ „Weiß der Geier,“ antwortet eine innere Stimme. „Einfach drauflos !“ Rheinturm Wir lassen den Dinosaurier-Turm daher links liegen und dringen ein in den Bannkreis des Landtags von Nordrhein-Westfalen, ein verschachteltes, ringförmiges Gebilde, 1988 errichtet in Gestalt einer sich öffnenden Blume, das die Verwicklungen der Demokratie symbolisieren soll. Weiter Richtung Rheinkniebrücke, die wir unterqueren. durch die Innenstadt via Königsallee bis zur ersten Düsseldorfer Brücke in den Stadtteil Oberkassel auf der "Schäl Sick", der anderen Rheinseite. Oberkasseler Brücke Und während wir über diesen raffinierten Marketing-Schachzug sinnieren, passieren wir 2mal den Rhein, einmal bei km 29 und dann - nach einer ausgiebigen Westschleife - wieder bei km 39, das Ziel auf der Rheinuferpromenade schon zum Greifen nah. |
5. Station: Kunstakademie
An der Hofgartenrampe gehen wir (bei km 39) in die Rechtskurve zur Heinrich-Heine-Allee. Am Marathontag
werden die Kohlehydrat-Reserven an dieser Stelle erschöpft sein und es gilt die
Fettreserven zu mobilisieren. Ein gute Gelegenheit der Beuyschen Fettecke zu
gedenken. Denn hier rechts an der Kunstakademie lehrte der Kunstprofessor Josef
Beuys in den siebziger Jahren. Frischen Wind wollte er damals in den etablierten
Kulturbetrieb bringen, z.B. durch ein außen hervorstehendes
"Ofenrohr" an der Kunsthalle am Grabbeplatz. Nicht alle Kunstwerke von
Beuys haben die Wirren der Zeit überdauert. Die berühmte Fettecke
in der Kunstakademie wurde z.B. von einer energischen Putzfrau durch Aufwischen
vernichtet. Die Düsseldorfer schmunzelten, als sie es vernahmen. Weniger
zum Lachen war dann allerdings der jahrelange Rechtsstreit, den ein Beuys-Schüler
gegen das Land Nordrhein-Westfalen führte. Mit dem Argument, der große
Meister hätte ihm das "Werk" zu Lebzeiten geschenkt, gelang es dem
cleveren Prozess-Hansel schließlich 40.000 Mark Schadensersatz zu
ergattern.
Geradeaus auf der Heinrich-Heine-Allee bis Grabbeplatz.
6. Station: Grabbeplatz
Am Grabbeplatz werfen wir einen Blick auf die St.Andreas-Kirche
im Barockstil, als Hofkirche des 1716 gestorbenen Kurfüsten Jan-Wellem,
enthält auch seinen Zinnsarg. In der Person Jan-Wellems verkörpert
sich die Blütezeit Düsseldorf. Statt Kriege zu führen, fördert
er die schönen Künste und macht Düsseldorf zu einem weltberühmten
Kulturzentrum. Leider bleibt die Ehe mit Anna Maria Luisa Medici kinderlos.
Beim Tode des Kurfürsten fällt Düsseldorf an die Wittelsbacher,
ein süddeutsches Adelsgeschlecht und wird zukünftig von Mannheim, später von
München aus regiert. Mit bösen Folgen für die weltberühmte Düsseldorfer
Gemäldesammlung, die damals in einer Nacht- und Nebelaktion nach München
verfrachtet wurde.
200 m südlich die Bolkerstraße, wo an der Hausnummer 53 eine Gedenktafel verkündet:
„Hier
wurde Heinrich Heine am 17.Dezember 1797 geboren“
Stimmt nicht ganz, denn der kleine Harry, so heißt er bei seiner Geburt,
erblickt in einem Hinterhaus das Licht dieser Welt. Im letzten Krieg treffen
Bomben das Haus und die Trümmer werden beseitigt.
Heinrich Heine, Düsseldorfs berühmtester Sohn, wird nicht nur von den Nazis gehasst. Auch
konservative Kreise haben ihm die lose Lästerzunge nie verziehen, mit der er dumpfen Nationalismus und kleinkariertes
Spießertum anprangert.
Seit 1831 ist Heine gezwungen im Pariser Exil zu leben, da er in Preußen steckbrieflich
verfolgt wird und seine Werke verboten sind. In "Das Buch Le Grand" beschreibt
er seine Kindheitserinnerungen:
„Die Stadt Düsseldorf ist sehr
schön und wenn man in der Ferne an sie denkt und zufällig dort
geboren ist, wird einem wunderlich zu Mute. Ich bin dort geboren und es
ist mir, als müsste ich gleich nach Hause gehen. Und wenn ich sage
nach Hause gehen, so meine ich die Bolkerstraße und das Haus, worin
ich geboren bin.“
Weiter auf der Heinrich-Heine-Allee Richtung Wilhelm-Marx-Haus, 1923 erbaut, das älteste Bürohochhaus in Deutschland, dort ein Schlenk nach links in die Th-Körner-Str, um gleich darauf wieder rechts in die Kö einzubiegen (km 40).
7. Station: Kaufhof an der Kö
Hinter uns im Norden das Steigenberger Parkhotel. Im Januar 1932 kommt es
hier zu einer schicksalsschweren Zusammenkunft von westdeutschen Banken und
Großkonzernen. Das Thema der Konferenz: Macht und Geld. Gastredner: ein gewisser
Adolf Hitler, der sich den anwesenden "Flicks und Krupps" als
Führungskraft empfiehlt: Zerschlagung der Gewerkschaften, verstärkte Rüstung und die Eroberung
von neuen "Wirtschaftsräumen". Kein Wunder, dass bei solchen Aussichten die versammelten
Großindustriellen ganz glänzende Augen bekommen und die Nazi-Partei
von nun an großzügig mit Spenden unterstützen und salonfähig
machen. Denn schon in Kürze werden sie mit reichhaltigen Aufträgen
belohnt und können die Früchte ernten, mit Ausnahme der Geschäftsleute
jüdischer Abstammung. Sie werden brutal enteignet, wie z.B. der
Besitzer dieses Kauftempels, vor dem wir uns gerade befinden.
Das prächtige Jugendstil-Gebäude an der Königsallee Nr.1 wird 1907 als Kaufhaus Tietz eröffnet und leitet einen neuen Trend ein. Einkaufen soll nicht mehr allein aus der schnöden Beschaffung lebensnotwendiger Waren bestehen, sondern zu einem Event-Shopping aufgewertet werden, zur Sightseeing-Tour für Flaneure mit dem nötigen Klimpergeld in der Tasche.
In heutiger Zeit sind weitere Trendsetter – auf der anderen Kö-Seite – hinzugekommen, z.B. die SCHADOW-ARKADEN, als überdachte Galerie mit Einzelläden, das Themenkaufhaus STILWERK und das Lifestyle-Center SEVENS, sowie jede Menge Edelboutiquen für die Haute Volée, rechts die Banken, wo man sich das nötige Kleingeld holen kann, in der Mitte der Kö-Graben.
Bis 1804 erstreckt sich hier die Stadtmauer (rechts) mit einem von der Düssel gespeisten Stadtgraben.
Der heutige Prachtboulevard heißt früher Kastanienallee. 1815 kommt Düsseldorf unter
preußische Herrschaft und ist ab 1824 Hauptstadt der Rheinprovinz.
Im Revolutionsjahr 1848 wird hier der preußische König von einer
aufgebrachten Volksmenge ausgepfiffen und mit Pferdemist beworfen. Später
– nach dem Scheitern der Revolution – haben die Stadtoberen nichts wichtigeres
zu tun, als in Berlin beim Königshaus um Verzeihung zu bitten und
als Wiedergutmachung die Kastanienallee in Königsallee umzutaufen.
Dies geschieht im Jahr 1851.
Gegen Ende des 19.Jahrhunderts setzt eine stürmische Industrialisierung ein. Rasch vergrößert sich die Anzahl der Einwohner. 1882 wird die 100.000 Marke überschritten. Damit gehört Düsseldorf zu den Großstädten und entwickelt sich darüber hinaus zum „Schreibtisch des Ruhrgebiets“, wo z.B. die Stahlbarone von Rhein und Ruhr (s. Thyssen/Krupp-Hochhaus an der Hofgartenstraße) ihr Verbindungsbüro zur Politik unterhalten.
8. Station: Ende Kö-Graben/Ecke Graf-Adolf-Str.
50 m hinter dem Ende des Kö-Grabens biegen wir rechts ab in die Graf-Adolf-Str und bewegen uns Richtung Rhein. Auf der Haroldstraße überqueren wir die südliche Düssel, die hier unterirdisch verläuft. Sie speist sowohl den Schwanenspiegel (links) als auch Spee's Graben (rechts).
9. Station: Apollo Variete / Rheinkniebrücke
Von hier (km 41,5) sind es nur noch wenige Meter bis zum Ziel. Rechts
ab, runter ans Rheinufer und das Finish auf der Rheinuferpromenade
genießen. Kurz vor der Schulstraße können wir die Arme
hochreißen: Geschafft!
10. Station: Pegeluhr
Nach dem Passieren des Ziels zeigt uns die Pegeluhr, was die Stunde geschlagen hat: Sieht wie eine Uhr aus und ist auch
eine; aber Obacht: 5.30 kann – je nach Blickwinkel - zwei Bedeutungen haben:
5 Stunden und 30 Minuten oder 5 ½ Meter über normal; gemeint ist mit letzterem der Wasserstand des Rheins.
Bis 12 Meter kann er steigen, so hoch ist die Mauer. Erst dann
würde die Altstadt überflutet.
So weit ist es aber, nach dem Bau der Kaimauer noch nie gekommen,
vielleicht
auch deshalb, weil in Köln die Rheindämme niedriger sind.
D.h. bevor die Hochwasserwelle Düsseldorf erreichen kann,
wird Köln als Vorflutbecken genutzt und die Düsseldorfer
stehen schunkelnd an der Kaimauer und stimmen den Karnevals-Hit an:
"Do schwimmt ene Kölner..."
So sind wir froh, endlich das Ziel erreicht zu haben und können uns - nach einem Kleiderwechsel und einer kleinen Erfrischung - ganz auf die gastronomischen Highlights konzentrieren.
Auch davon hat Düsseldorf viel zu bieten und Probleme entstehen nur dann, wenn wir uns bei der Fülle von Alternativen nicht entscheiden können.
Foto: Ulrich Otte
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