Bert Brecht: Fragen eines lesenden Arbeiters
Wer baute das siebentorige Theben?
Der junge Alexander eroberte Indien. Er allein?
Jede Seite ein Sieg. Wer kochte den Siegesschmaus? Alle zehn Jahre ein großer Mann. Wer bezahlte die Spesen? So viele Berichte. So viele Fragen. |
Woher kommen wir, wohin gehen wir? Wer Antworten sucht, muss sich mit der Geschichte auseinandersetzen.
Was liegt näher, als mit unseren Vorfahren anzufangen. Mit etwas Glück gelangen wir bis ins 17. Jahrhundert, dem Beginn der schriftlichen Aufzeichnungen in den Kirchenregistern - wenn nicht Krieg oder andere Umstände die Unterlagen vernichtet haben.
Was wir erfahren sind zunächst einmal Jahreszahlen: geboren, getauft, verheiratet, gestorben, beerdigt. Geschichte wird daraus erst dann, wenn es gelingt - wie bei einem Puzzle - die weiteren Lebensumstände zu rekonstruieren und so die jeweilige Zeit lebendig werden zu lassen.
Hierbei geht es nicht darum, unsere Vorfahren in irgendeiner Weise zu glorifizieren, um daraus einen verworrenen Ahnenkult aufzubauen. In Deutschland sind wir sehr sensibel in diesem Punkt, wegen des fürchterlichen Missbrauchs durch die Nazis, die mit solchen Theorien ihre verbrecherische Rassenpolitik gerechtfertigt haben.
Vielmehr geht es im folgenden darum, unsere Vorfahren so darzustellen, wie sie waren: in der Mehrzahl zupackende und rechtschaffene Leute, die ihren Lebensunterhalt in Würde erarbeiten wollten, ohne dafür zu betteln oder jemandem die Füße zu küssen.
Manchmal war dieses Ziel nur durch Emigration zu erreichen, eine Erkenntnis, die in Zeiten zunehmender Ausländerfeindlichkeit nicht immer bequem ist. Doch Bequemlichkeit war noch nie ein guter Ratgeber und die Menschheit würde heute noch in Fellen umherlaufen, wenn wir uns mit allen Herausforderungen stets auf die einfachste Art abgefunden hätten.
Dabei taucht unweigerlich auch die Frage auf: Welchen Sinn macht eigentlich die ganze Familienforscherei? Wäre es nicht besser, sich mehr um die Lebenden, als um die Toten zu kümmern?
Richtig, denn jeder Mensch ist etwas sehr kostbares, ein Individuum mit einzigartigen, unverwechselbaren Zügen. Doch eins ist sicher: Mit dem Tod ist unsere physische Existenz beendet.
Und dennoch leben wir weiter. Aber nicht in Form von Seelen, die irgendwo herumgeistern, sondern in den Aufzeichnungen und Erzählungen, die von uns existieren. Endgültig tot sind wir erst dann, wenn unsere Identität vernichtet, alle Spuren verwischt und nichts mehr an unsere Existenz erinnert.
Möge uns allen dieses Schicksal erspart bleiben.
Düsseldorf, im Februar 2000 Bruno Reble
Seit es Menschen gibt, verständigen sie sich mit Hilfe der Sprache über ihr gesellschaftliches Umfeld. Um sich in diesen Prozess selbst einzubeziehen, sind Namen erforderlich.
Lange Zeit reicht ein Rufname aus, um seinen Träger in kleinen und überschaubaren Sozialverbänden zu identifizieren. Gelegentlich wird auch ein Beiname hinzugefügt, z.B. Philip's Sohn, von oder zu Dingenskirchen, der Große, der Müller, usw. Dieser Beiname bleibt aber auf den Träger beschränkt und wird nicht auf Familienangehörige und Nachkommen übertragen.
So finden wir 1277 in der ältesten Urkunde von Eutingen/Baden folgende Personen aufgelistet:
1.Albert der Winzer 2.Albert v.Murach 3.Berthold 4.Dietrich der Ältere 5.Gerlach v.Eschelbronn 6.Gerbir Frau 7.Hermann der Schultheiß 8.Heinrich auf dem Berg 9.Konrad über der Straße 10.Knore Albert 11.Knore Otto 12.Otto der Bäcker 13.Otto gen. Raith 14.Steinmar Heinrich 15.Werner der Wagner 16.Wernher des Wagner's Sohn |
Im 14. Jahrhundert ändert sich diese Praxis. Von Italien, Frankreich und der Schweiz kommend verbreitet sich eine Mode Richtung Norden. Sie besteht darin, den Rufnamen um einen festen Familiennamen zu ergänzen.
Und bereits zwischen 1450 und 1500 werden in einer Klosterurkunde von Eutingen fast alle von den ca. 40 Familienoberhäuptern mit Vor- und Zunamen aufgeführt, z.B. BERTSCH Peter, HEYDECKER Jacob, KASPER Hans, usw.
Dabei spielt die Rechtschreibung eine untergeordnete Rolle. Die Namen werden so zu Papier gebracht, wie es dem Schreiber gerade gefällt. Das gilt besonders für die Eintragungen in alten Kirchenbüchern.
Ab dem 17. Jahrhundert sieht sich auch die staatliche Obrigkeit genötigt, in das Namensrecht einzugreifen: in Preußen 1794 mit dem Allgemeinen Landrecht. Darin wird die Führung eines Familiennamens und bei Eheleuten die Führung eines gemeinsamen Ehenamens gesetzlich vorgeschrieben.
In der Bundesrepublik ist seit dem 1.April 1994 ein neues Namensrecht in Kraft, dass Eheleuten gestattet, ihre bisherigen Namen weiterzuführen. Nur bei den Kindern besteht nach wie vor die Verpflichtung, sich auf einen gemeinsamen Familiennamen zu einigen.
Bei Familiennamen, die aus Rufnamen abgeleitet sind, liegt der Ursprung auf der Hand. Aus Philipp's Sohn wird PHILIPPSON oder PHILIPPS. Auch bei Herkunftsnamen (Stadt, Land, Fluss,...) ist die Interpretation nicht schwer: NÜRNBERGER, FRANK(E), NECKERMANN, usw. sprechen für sich. Berufsbezeichnungen, wie SCHMI(E)D(T) oder MÜLLER, sind im allgemeinen problemlos zu interpretieren. Zuweilen treten Schwierigkeiten auf, weil es viele Berufe heute nicht mehr gibt. Hier kann der Griff zu einem Universallexikon helfen, um bei einem MEIER die lateinische Wurzel "maior" (=der Größere) freizulegen. Damit konnte im Mittelalter ein Oberbauer gemeint sein, der mit der Verwaltung eines Gutes beauftragt war.
Wenn normale Wörterbücher nicht mehr ausreichen, um die Herkunft eines Namens zu entschlüsseln, bleibt als letzte Möglichkeit der Blick in ein etymologisches Speziallexikon der Familiennamen (s. Quellen), z.B. das in der Falken-Reihe erschienene Werk von Horst Naumann.
Hier erfahren wir, dass der Name REBLE mit einen klugen Vogel in Verbindung gebracht wird. REB ist die Koseform zu RABE, oberdeutsch auch RAPP oder RÄPPLI mit mystischem Hintergrund. Denn der zugrundeliegende althochdeutsche Rufname HRABAN geht zurück auf die beiden allwissenden Raben des Germanengottes WODAN. Daraus abgeleitete Familiennamen sind RA(A)BE(L), RÄBEL, REB(E)L(E), RAPPEL, RÄPPLE, usw.
Eine andere Hypothese - für die es allerdings in der Etymologie keine Hinweise gibt - wäre die Rückführung auf den Berufsstand der Rebleute. So wurden früher im süddeutschen Raum die Winzer genannt.
Im Jahr 2000 wohnten über 80 Mio. Menschen in der Bundesrepublik Deutschland. Davon waren mehr als 30 Mio. mit ihrem Zu- und Vornamen im Telefonverzeichnis eingetragen.
Spitzenreiter in der Hitliste der Namen waren die SCHMIDT's mit über 200.000 Einträgen (einschließlich aller phonetischen Varianten), während der Name REBLE nur 94mal und REBLIN 117mal vertreten war.
Auf den Namen REBLE stoßen wir in den Archiven von Eutingen zum ersten mal im Jahr 1700: Ein Jacob REBLE hatte ein Stück Land erworben und das wurde im Grundbuch (Berain) eingetragen. Weitere Einträge mit unterschiedlichen Schreibweisen finden sich in den Folgejahren: REBLE, REBLIN, RÄBLE und REBLEIN. Danach vereinheitlicht sich die Schreibweise in REBLE, 5 Fundstellen in 1800 und 6 in 1859.
Einzelheiten, siehe Spuren, noch nicht zugeordnet.
Auch im Kirchenbuch von Eutingen gibt es anfangs unterschiedliche Schreibweisen, z.B.
Geboren am 5 FEB 1751, Catharina Barbara REBLIN,
Tochter von Johann Georg REBLE |
Dies könnte zu der Vermutung führen, dass REBLIN die weibliche Form von REBLE ist, weil früher bei Frauen oft die Endung "-IN" angefügt wurde, wie auch bei folgender Eintragung:
Gestorben 1749, Solome REBLININ,
Tochter von Adam REBLE und Magdalena |
Dennoch kann aus dem Anhang der Silbe "-IN" nicht generell auf die weibliche Form geschlossen werden, da sie auch bei männlichen Namen vorkommt:
verheiratet 12 OCT 1767, Jacob REBLE, Sohn von Jacob REBLIN |
Auch im Kirchenbuch von Buoch trifft man auf unterschiedliche Schreibweisen:
Verheiratet 1672, Jacob REBLIN und Agathe SCHIFF,
Sohn Georg REBLIN, geboren 1673 |
Einzelheiten, siehe Spuren, noch nicht zugeordnet.
Alle nachfolgenden Generationen tragen anschließend den Familiennamen REBLE.
Aus dieser Praxis kann man vermuten, dass REBLIN die ältere Namensform ist, die im Baden-Württembergischen Raum mundartlich in REBLE eingeschwäbelt wurde.
Im Kirchenbuch von Niefern, einem Nachbarort von Eutingen, finden wir die Eintragung:
verheiratet 1655, Hans REBLIN und Barbara BÖRTSCH |
Einzelheiten, siehe Spuren, noch nicht zugeordnet
Die Herkunft von Hans REBLIN, Schäfer aus Schafhausen ist ungewiss. Welches Schafhausen ist gemeint?
Wahrscheinlich das Dorf im Nachbarkreis Böblingen, 25 km südwestlich von Niefern.
Von diesem Schafhausen existiert ein Ortssippenbuch. Einzelheiten, siehe Spuren, noch nicht zugeordnet.
Zwischen 1513 und 1676 stoßen wir auf folgende REBLINs: Alexander, Hanns, Steffan, Erhart, Michael, Martin, Jauß (Josef), Hans, Cunrad und Adam.
Auch ein anderes Schafhausen könnte die Heimat von Hans REBLIN sein; es liegt allerdings 180 km (!) südwestlich von Niefern und Eutingen, in der Region südlich von Ulm, an der Grenze zwischen Württemberg und Bayern.
Es ist der Nachbarort von Oberbalzheim. In dieser Gegend muss bereits in der Mitte des 16. Jahrhunderts eine Familie REBLE gewohnt haben:
verheiratet 1558, der Wirt Jörg HEINZEL und Anna REBLE |
Einzelheiten, siehe Spuren, noch nicht zugeordnet.
Ob es einen Zusammenhang zwischen dem Familiennamen REBLIN und dem gleichnamigem Ort bei Herscheid gibt, ist hypothetisch und reine Spekulation.
Historisch überliefert ist, dass die Ortschaft Reblin eine Gründung der Sachsen ist, die von Norden kommend im 8. Jahrhundert Westfalen besiedelten. Vielleicht hieß einer ihrer Häuptlinge einmal REB, HREB oder HRAB.
Die frühere Bezeichnung Reblinghausen (=Rebringhausen) hat sich im Laufe der Zeit in Reblin abgeschliffen. Gibt es Verbindungen, dann müssten Einwohner dieses Ortes am Ende des Mittelalters nach Süddeutschland ausgewandert sein und den Namen ihres Geburtsortes als Familiennamen mitgenommen haben.
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